Abmahnungen bei der „Jerusalema-Challenge“ – Tanzvideos im Internet als Kostenfalle?

Christoph Resch (Gastbeitrag) · 

Warum nicht mit Musik und Tanz ein bisschen gute Laune und Abwechslung in den pandemiegeschüttelten Alltag bringen und nebenbei noch ein Zeichen der Solidarität mit Rettungs- und Pflegekräften setzen? Das dachten wohl viele Menschen, als sie Ende des vergangenen Jahres der „Jerusalema-Challenge“ zum viralen Hit verhalfen. Doch Anfang dieses Jahres trudelten deshalb reihenweise Abmahnungen und Rechnungen ein.

Warum nicht mit Musik und Tanz ein bisschen gute Laune und Abwechslung in den pandemiegeschüttelten Alltag bringen und nebenbei noch ein Zeichen der Solidarität mit Rettungs- und Pflegekräften setzen? Das dachten wohl viele Menschen, als sie Ende des vergangenen Jahres der „Jerusalema-Challenge“ zum viralen Hit verhalfen. Ganz in der Tradition vergangener Challenges – wir erinnern uns an die „Ice Bucket Challenge“ im Sommer 2014 – beteiligten sich auch dieses Mal unzählige Menschen rund um den Globus. Sie filmten ihre Tanzeinlage zum Song „Jerusalema“ des südafrikanischen Künstlers Master KG und teilten diese übers Internet mit der ganzen Welt. Populär wurden hierzulande insbesondere die Tanzvideos diverser Krankenhäuser, Polizeibehörden und Unternehmen.


„Nicht mit uns“ sagte dann aber die Warner Music Group, Label von Master KG und Inhaberin der Rechte an dem Song „Jerusalema“. Anfang Februar trudelten reihenweise Abmahnungen und Rechnungen ein. Die Forderung: Nachträgliche Zahlung von Lizenzgebühren für die unberechtigte Nutzung des Songs „Jerusalema“. Die Empörung ließ nicht lange auf sich warten und wie so häufig brach vor allem in Social Media ein heftiger Shitstorm los.


Über die moralischen Aspekte des Vorgehens von Warner Music lässt sich sicher streiten, doch die Rechtslage ist klar. Der Song „Jerusalema“ ist ein urheberrechtlich geschütztes Werk iSd. § 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) und um ein solches Werk zu nutzen, benötigt man grundsätzlich ein Nutzungsrecht, auch Lizenz genannt. Diese Lizenzen werden für den musikalischen Bereich in Deutschland von der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) verwaltet. Die Gema sowie verschiedene Plattenlabels haben pauschale Lizenzvereinbarungen mit Unternehmen geschlossen, die Plattformen wie Instagram, YouTube und TikTok betreiben. Wird ein Song auf einer
solchen Plattform öffentlich zugänglich gemacht, rechnet die Gema die Vergütung grundsätzlich direkt mit den Betreibern dieser Plattformen ab. Die Nutzer bekommen davon regelmäßig wenig bis gar nichts mit.


Zu den Rechten der Warner Music Group gehört aber auch das sogenannte Filmherstellungs- oder Synchronisationsrecht gem. § 88 UrhG. Es ist das Recht, ein Filmwerk - darunter fallen auch selbstgedrehte Videos - mit einem Musikwerk zu verbinden. Das Synchronisationsrecht wird aber meist nicht von den bereits angesprochenen Pauschallizenzen erfasst, es muss beim Rechteinhaber gesondert erworben werden. Wer unter Nutzung des Songs „Jerusalema“ ohne Lizenz ein eigenes „Musikvideo“ produziert, verletzt also dieses Synchronisationsrecht.


Solche selbstgedrehten, mit Musik unterlegten Videos finden sich im Internet massenhaft. Dienen sie nur privaten Interessen, wird diese Nutzung häufig geduldet. Anders sieht es aus, wenn im weitesten Sinne kommerzielle Interessen mit der Nutzung verbunden sind. Verwenden Behörden und Unternehmen ein solches Video zur Verfolgung werblicher und imagefördernder Zwecke, dulden die Rechteinhaber diese Nutzung nicht. Die Einholung einer Lizenz ist dann notwendig und in der Musikindustrie auch gängige Praxis. Deshalb sind die Abmahnungen und Rechnungen gegen Behörden und Unternehmen aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.


Was könnt ihr also tun? Wenn ihr kommerzielle Absichten verfolgt – zu denken ist insbesondere auch an Influencer:innen -, ist die Einholung einer Synchronisationslizenz also dringend zu empfehlen. Als private Nutzer:innen habt ihr aufgrund der regelmäßigen Duldung zwar eher wenig zu befürchten. Wer sich aber auf der sicheren Seite wiegen möchte, sollte das eigene Video der Tanz-Challenge möglichst zeitnah von allen Internetplattformen entfernen.